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Bild: © Werner, keb

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Von der Alb nach Berlin

Matthias Erzbergers Leben wurde im Vortrag am 28. August 2021 im Alfons-Auer-Haus in Biberach mit zahlreichen Bildern vorgestellt. Seinen Weg aus der Provinz der Schwäbischen Alb zum deutschen Finanzminister präsentierte der Kirchenhistoriker Dr. Oliver Schütz, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung Ulm. Eindrucksvoll zeigte er auf, wie sich Erzberger mit Fleiß und großem Engagement hochgearbeitet hat. Der junge Lehrer und Journalist engagierte sich früh in der katholischen Zentrumspartei, um für eine Gleichberechtigung der katholischen Minderheit in Württemberg und in Deutschland einzutreten. Seine Sorge galt vor allem der sozialen Lage benachteiligter Schichten, insbesondere der Arbeiter. Dass er dabei „linke“ Positionen vertrat, stieß bei führenden Persönlichkeiten nicht auf Begeisterung. Handwerker, Bauern und Arbeiter seines oberschwäbischen Wahlkreises dankten es ihm aber mit ihrer Unterstützung. Sie wählten ihn 1903 als jüngsten Abgeordneten in den Reichstag. Dort übernahm er bald wichtige Funktionen. Er deckte Korruptionsskandale auf und kritisierte den Rassismus der deutschen Kolonialpolitik.

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Gläubiger Katholik mit Vatikankontakten

Beste Kontakte unterhielt Erzberger zum Vatikan. Anhand wiederentdeckter Dokumente zeigte Schütz auf, wie Erzberber verschiedene Versuche unternahm, einen unabhängigen Kirchenstaat einzurichten. Seine Beziehungen nach Rom nutzte er auch, um im Ersten Weltkrieg eine Friedensinitiative des Papstes einzuleiten. Diese scheiterte genauso wie sein Versuch, über den Reichstag mit Hilfe einer breiten Koalition den Krieg 1917 zu beenden. Erst als der Zusammenbruch der Front unmittelbar bevorstand, war das Militär zu einem Friedensschluss bereit, drückte sich aber vor der Kapitulation. Dass Erzberger seine Unterschrift am 11. November 1918 unter den Waffenstillstand mit den Alliierten setzte, brachte ihm später den Vorwurf des „Dolchstoßes“ ein. Diese Verschwörungslegende machte vor allem Erzberger für den verlorenen Krieg verantwortlich. Sie putschte die antidemokratische Stimmung so weit auf, dass zwei Freikorpsaktivisten am 26. August 1921 Erzberger in Griesbach im Schwarzwald erschossen.

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Das Grab eines Märtyrers

Auf dem alten katholischen Friedhof in Biberach endete die Veranstaltung. Dort, am Grabmal Erzberbers wurde aufgezeigt, wie dieser schon in seiner Zeit als Märtyrer angesehen wurde. Als überzeugter Katholik begab er sich sehenden Auges in die Gefahr. Seine Form der Kreuzesnachfolge spiegelt sich in der Grabinschrift. Diese erinnert an das Wort Jesu, es gebe keine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben für die Freunde gibt. Wenn Erzberger auch kein Heiliger war - er hatte durchaus sperrige Seiten - so war er doch ein Blutzeuge für seine christlichen und demokratischen Überzeugungen. Sein Beitrag für die Entwicklung der Demokratie in Deutschland ist nicht zu unterschätzen.

Dr. Oliver Schütz, keb Ulm-Alb-Donau


Fotoimpressioen zur Veranstaltung finden Sie hier.
(Fotos. Werner, keb)